Extrem gefährlich – Verstandsinfarkt, die neue Seuche

Herzversagen ist wohl der häufigste Befund für den Grund, warum ein Mensch von einem Augenblick zum anderen in seinem bisherigen Umfeld endgültig nicht mehr zur Verfügung steht. Warum diese zentrale Versagen eingetreten ist, bleibt mitunter um Dunkeln. Häufig sind jedoch plausible Erklärungen dokumentiert. Aber Achtung, Herzversagen wird in der Rangfolge möglicherweise schon bald von einem anderen Gesundheitsrisiko abgelöst.

In neuerer Zeit begegnet uns immer häufiger ein anderer pathologischer Befund. Dieser hat das Potenzial, das klassische medizinische Aus, das Herzversagen, auf Platz zwei zu verdrängen. Das Problem könnte sich zur Seuche ausweiten. Das Novum ist der Sachverhalt, dass das neue Versagen zentraler Lebensfunktionen nicht direkt zum Ableben der Patienten führt. Ob man über letzteren Umstand glücklich sein kann, soll im Augenblick nicht erläutert werden.

Wenn auf einen Menschen diese Diagnose zutrifft, ist Erstaunliches zu beobachten. Trotz des Ausfalls einer überlebenswichtigen Funktion, bleibt uns der Patient jetzt weiter erhalten. Er ist aber in dem Lebensbereich, in dem die Schädigung aufgetreten ist, kaum noch autonom lebensfähig. Das Fatale ist der Umstand, dass Schäden durchaus in mehreren Bereichen gleichzeitig zu diagnostizieren sind, während andere Bereiche scheinbar völlig intakt bleiben.

Das wiederum hat weitreichende Folgen. Während nach einem Herzversagen Schluss ist mit allem, beeinflussen die Patienten weiter die Lebensfunktionen der in diesem Fall nicht Hinterbliebenen. Es ist letztlich ein Pflegefall entstanden. Dabei stellen wir ein Kuriosum fest. Die eigentlich zu Pflegenden sind im Grunde zu einem Teil unpflegbar im wahrsten Sinne des Wortes, während der andere Teil seine Pflegebedürftigkeit überhaupt nicht erkennt oder zu erkennen in der Lage ist. Auf dieses Dilemma kommen wir später noch zurück.

Zunächst einmal gilt es, die sich ausbreitende Seuche näher zu beschreiben. Obwohl das Herzversagen eine bedauerliche Angelegenheit ist, liegt immer klar auf dem Tisch um was es sich handelt. Das ist beim Verstandsversagen, von dem wir hier sprechen, bedauerlicherweise nicht gegeben. Wäre das Herzversagen nicht tödlich, müssten wir das Verstandsversagen als weitaus gravierender einzuschätzen.

Der Verstand ist seit jeher eine überlebenswichtige Einrichtung. Er ist immer aktiv und versieht seinen Dienst ohne Verschleißerscheinungen. Es gibt kaum etwas, in das er sich nicht einmischt. Das empfindet der Verstandsinhaber gelegentlich als hinderlich. Er muss sich aber mit diesem Tatbestand abfinden. Nur ganz hartgesottenen Verstandsgegnern gelingt es nach langen Übungen, zum Beispiel der Meditation, das Instrument unter Kontrolle zu bekommen oder abzuschalten. Ansonsten gilt der gesunde Menschenverstand als absolut zuverlässig.

Die bewusste Abschaltung des Verstands zu Meditationszwecken ist die Ausnahme. Der Verstand hat aber eine mächtige Feindin. Das ist die Emotion. Sobald den Menschen gefühlsmäßig starke Erregungen erfassen, schwebt der Verstand in höchster Gefahr. Das ist nicht immer schlecht.

Würde der Verstand immer die Oberhand behalten, hätten wir heute ein noch größeres demographisches Problem. Ein Millionenheer von besorgten Müttern und Vätern hätten in der Vergangenheit das Lebensglück ihrer Sprösslinge verhindert, nur weil ihr Verstand immer nur ihr bestes wollte. Die Entscheidungen der so Umsorgten gegen den fürsorglichen elterlichen Verstand haben sich immer wieder als segensreich erwiesen.

Man könnte auch sagen sobald ein aktiver auf einen abgeschalteten oder ignorierten Verstand trifft, hat er schlechte Karten. In der Regel gewinnt das Gefühl. Eine ausgewogene Mischung von Gefühl und Verstand bietet sich im Allgemeinen als förderlich an. Eine rote Ampel signalisiert Gefahr, „fahr oder geh nicht drüber“. Das klappt in der Regel auch ganz gut. Denn als Strafe bei Ignoranz droht der akute Herzstillstand.

Nun scheint es aber, dass das aktuelle Gleichgewicht zwischen Gefühl und Verstand zusehends aus dem Tritt gerät. Immer häufiger in immer größerer Zahl und mit immer gravierenderen Folgen bahnt sich die Seuche „Verstandsinfarkt“ ihren Weg und hinterlässt eine Spur der Zerstörung. Wir registrieren dieses Phänomen insbesondere im Bereich des Geldes.

In diesem Zusammenhang erkennen wir auch den viralen Charakter der Krankheit. Das Virus scheint sich außerdem durch eine ganz besonders gefährliche Eigenart auszuzeichnen. Es wurde zuvor schon angedeutet. Es arbeitet mehrgleisig und hinterlässt zumindest zwei Gruppen von Virusträgern. Dabei scheint die eine Gruppe das Virus aktiv zu übertragen und gleichzeitig gegen einige Folgen geschützt zu sein, während die andere Gruppe ausschließlich geschädigt wird.

An einem aktuellen Thema lässt sich das gut darstellen. Betrachten wir die öffentliche Diskussion um das derzeitige Zinsniveau. Das Erste Deutsche Fernsehen hat es in der Sendung „Hart aber fair“ mit der Überschrift „Null Zinsen – was tun gegen die große Geldschmelze?“ auf den Punkt gebracht. Bereits in die Formulierung ist alles hineingepackt. NULL Zinsen fürs Ersparte, der blanke Horror. Dann die GELDSCHMELZE: wir denken an die abschmelzenden Gletscher und den Niedergang der Arktis. Eine Naturkatastrophe nimmt ihren Lauf.

Dieses Thema ist offenbar bevorzugt geeignet, die Verstandssicherungen reihenweise durchbrennen zu lassen. Ganz überraschend kommt das nicht. Im Zusammenhang mit Geld stellen wir immer wieder Zustände höchster Erregung fest. Gefühle übertrumpfen regelmäßig die Stimme der Vernunft. So wird der Verstand auch gern genannt. Aber auch wenn sich die Gelderregung in Grenzen hält, sieht der Verstand kaum einen Grund, beim Thema Zinsen einzugreifen.

Warum sollte er auch? 75 minutenlang hat sich eine prominente Runde nebst einem bekannten Moderator um das eigentliche Problemthema herumgetalkt. Der Finanzminister eines großen deutschen Bundeslandes, ein Wirtschaftprofessor und Börsenexperte, der oberste Interessenvertreter des deutschen Bankwesens, eine renommierte Verbraucherschützerin und eine nicht gerade für Smalltalk bekannte Bundestagsabgeordnete waren offensichtlich komplett vom Virus befallen.

Warum überhaupt Zinsen, wenn Sie doch so viel Probleme und Elend auslösen? Diese Frage wurde nicht gestellt. Solche Fragen fallen gern einer totalen Amnesie zum Opfer. Dabei hat die Frage gerade für den Mann und die Frau draußen im Lande und auf der Straße existenzielle Bedeutung. Gutgläubig haben sie den politischen Experten im Parlament ihre Stimme gegeben, damit diese wiederum Experten engagieren, die den verdienten Ruhestand sichern sollen.

Wir leben jedoch in modernen Zeiten. Während sich auf manchen Gebieten so gut wie gar nichts bewegt, denken wir an die Bildung, bleibt in anderen Bereichen kein Stein auf dem anderen. Hier funktioniert perfekt das Delegationsprinzip. Wir haben Männer und Frauen in die Parlamente gewählt, deren Steckenpferd die Nachhaltigkeit nicht immer ist. So sind wir lange auf der alten Hutschachtel mit der sicheren Rente sitzen geblieben bis urplötzlich der natürlich völlig unvorhersehbare demographische Faktor zugeschlagen hat.

Immer mehr Ältere drängten in den Ruhestand. Das Wort von der vergreisten Republik brachte Schlagzeilen. Dabei haben sich die älteren Herrschaften den Ruhestand im wahrsten Sinne des Wortes verdient. Nun standen aber, so hörte man, nicht mehr genügend Nachwuchseinzahler zur Verfügung. Das brachte die oft als schneeballartig beschriebene Organisation der gesetzlichen Altersversorgung an den Rand des Zusammenbruchs.

Die moderne Wirtschaft setzt voll auf „just in time“. Dieses System könnte auch so beschrieben werden: „wird schon gut gehen, schaun wir mal“. Das richtet bei der Autoproduktion weniger Schaden an. Die Karosse rollt im Problemfall dann etwas später vom Band. Es bleiben immer noch Rekordlieferzeiten. Bürger aus den neuen Bundesländern wissen das.

Das Rentenkonto ist aber keine Lagerhalle, die man mal füllen kann, wenn sich die Lage entspannt hat. Hier muss der Euro rollen und zwar auf den Tag genau. Anschreiben bei Aldi, Lidl & Co. gibt es nicht, und Vermieter und Stromlieferanten verstehen auch keinen Spaß.

Aber die Zeiten wären nicht modern, wenn es nicht auch moderne Lösungen gäbe. Als gängiges Prinzip bietet sich dabei das „Outsourcing“ an. Die eigentlich hausinternen Angelegenheiten werden einfach ausgelagert. Dabei lernen wir eine weitere Expertenstufe kennen.

Also noch einmal, bevor es zu unübersichtlich wird. Wir in den unteren Rängen wählen die Experten zur Gestaltung dessen, was wir als Einzelne nicht leisten können. Das sind die Parlamente. Die wiederum haben auch nur zwei Hände und schaffen ein weiteres Expertengremium, das es dann für sie und uns richten soll. Das ist die Regierung.

Regieren ist aber auch kein Zuckerschlecken. Die Probleme sind immer groß und das Personal wechselt ständig. Außerdem sind Regierungen in einem Punkt immer sehr volksnah. Sie haben, wie der klassische private Haushalt, nie genug Geld in der Kasse. Da kommt die Geheimwaffe „Outsourcing“ ins Spiel.

Die Sache mit der sicheren Altersversorgung ist vergeigt. Das Stichwort Nachhaltigkeit hatten wir schon. Wegen der knappen Kassenlage müssen jetzt preiswerte externe Dienstleister her. Dafür sind in unserem Fall Bankhäuser und Versicherungsgesellschaften geradezu prädestiniert. Die haben es schon immer gewusst: überall, wo der Staat seine Finger drin hat, kommt nichts Gescheites heraus. So löchert die Lobby das Gemeinwesen wie einen Schweizer Käse.

Privatisieren ist das Gebot der Stunde. Die unentbehrliche Private Altersversorgung wird in einer von langer Hand vorbereiteten Geburt endlich entbunden. Ein Schnäppchen für die privaten Versicherungsträger. Der Coup ist derartig erfolgreich, dass die Betroffenen erst ganz zum Schluss mitbekommen, dass sie aufs Glatteis geführt worden sind.

In der „Hart aber fair“ Runde kommt heraus, dass von 42 untersuchten privaten Vorsorgeprogrammen 37 Schrott sind. Das kommt zu spät für diejenigen, denen die Notwendigkeit der Privaten Altersvorsorge von höchster Stelle immer wieder massiv eingebläut worden ist und die einem Rundum-Sorglos-Ruhestand entgegen gesehen haben, bei dem nun auch noch ihre Ersparnisse draufgegangen sind. Dumm gelaufen.

Wie alles begann (in einer Minute und 18 Sekunden):
Videozitat aus „Hart aber fair“ – ARD 1 – 25.11.2013

Dieses offensichtlich an die Wand gefahrene Private Vorsorge Projekt basiert ja im Wesentlichen auf der Zinsillusion, die in unerschütterlichem Glauben am Leben gehalten wird. Jetzt müssen die Versicherten bluten, weil die Produktanbieter mit ihrer Kalkulation im Regen stehen. Sie beklagen die Zinseinbußen auf ihre eigenen Anlagen, die ja die Einlagen ihrer Kunden sind.

Dabei werden sie von den gesetzlichen Regelungen unterstützt. Diese Regelungen sichern zunächst das Überleben der Versicherer und Banken. So kommt es auch, dass z.B. die „Allianz“ im  Geschäftsjahr 2012 einen Gewinn von etwa 5 Milliarden Euro nach Steuern ausweisen konnte.

All das geht auf das Konto „Verstandsinfarkt“. Wie aber könnte man den Verstandsbesitzern und Zinsgläubigen einen Vorwurf für das Verstandsversagen machen, wenn doch schon die Experten der Experten gescheitert sind. Der Einwurf ist berechtigt. Hinzu kommt ja noch das lebenslange Bombardement an die Zinsgläubigkeit. Wer unter den Ritualen des jährlichen Weltspartags groß geworden ist, wie sollte der Zweifel hegen.

Dem kann entgegnet werden, dass der Mensch schon lange nicht mehr in Höhlen lebt und auch nicht mit dem handgeschnitzten Speer dem Hasen hinterher jagt. Sogar tierische Lebewesen selbst werden von einer eher größer werdenden Zahl von Menschen nicht mehr in die Nahrungskette eingebaut. Es sieht also so aus, als wäre der immer wieder alles in Frage stellende Verstand doch nachhaltig zumindest im Hintergrund aktiv gewesen. Warum sollte er sich nicht endlich mal um die Zinsen kümmern.

Auch wenn er von der grassierenden Seuche geschwächt ist, könnte der betroffene Mensch einmal lauschen, ob die Vernunft, so wird der Verstand auch gern genannt, sich nicht doch irgendwie regt. Wenn ich für nützliche Tätigkeiten einen Ausgleich bekomme, ist das sicherlich einsichtig. Wenn ich mit dem Ausgleich, den ich für frühere Tätigkeiten bekommen habe, ein Haus baue und jemanden in meinem Besitz wohnen lasse, der ein Dach über dem Kopf sucht, ist es einsichtig, dass ich auch dafür einen finanziellen Ausgleich bekomme.

Wenn ich mir kein Haus gebaut habe und das Geld unter dem Kopfkissen liegt, kann ich es jemandem anderen leihen, damit der sich ein Auto kaufen kann. Wenn ich dann sage, ich möchte einen Ausgleich dafür, dass ich auf Annehmlichkeiten verzichte, die mir mein Geld ermöglichen würde, damit der andere diesen Vorteil für sich nutzt, dann geht das auch noch durch.

Wenn ich mir Geld beschaffe, das mir gar nicht gehört und es gegen Zinsen verleihe, ist schon eher angreifbar. Spätestens an dieser Stelle ist eine Klärung absolut unerlässlich. Ohne diese Klarheit ist dem Zins und auch allem anderen, was mit unserem Geld zu tun hat, nicht beizukommen. Wir müssen unter allen Umständen wissen und verstehen, wie das moderne Geld hierzulande überhaupt entsteht. Solch ein Experte hat in der Fernsehsendung gefehlt. Diese Leute gibt es natürlich und sie waren auch schon im Fernsehen zu Gast, offensichtlich nicht mit dem nötigen durchschlagenden Erfolg. Das sehen wir an den aktuellen Klageritualen zu den ach so niedrigen Zinsen.

Jeder, der noch „klar bei Verstand“ ist, sollte auch bei Online-Recherchen auf diesen entscheidenden Sachverhalt achten. Wenn diese Definition zum Entstehen des Geldes den Erörterungen der Zinsfrage nicht zugrunde liegt, sind noch so aufwändige Darstellungen zur Zinsproblematik wenig hilfreich.

Wir haben wirklich nur deswegen Geld in der Tasche, weil irgendwo, irgendwann von irgendjemandem Schulden gemacht worden sind. Das muss hinein in das Organ zwischen den Ohren. Soviel Platz muss sein. Wenn niemend mehr Schulden hat, hat auch niemend mehr Geld. Das ist das eine. Hinzu kommt, dass die Regierung, der Staat direkt kein Geld drucken kann. Das ist wörtlich zu nehmen. Münzen darf er in bestimmtem Umfang prägen aber der Finanzminister hat keine Druckerpresse im Keller, wie das – auch von Fachleuten – immer wieder suggeriert wird.

Regierungen mit ihren Staatshaushalten finanzieren sich immer über Banken, zumindest im für uns relevanten Euro-Europa. Wenn für einen Staatshaushalt Geld benötigt wird, das durch (Steuer) Einnahmen gerade nicht zu Verfügung steht, werden Banken zu Gläubigern des Staates. Ohne Schulden wäre kein Geld im Umlauf.

Das Bundesverkehrsministerium baut eine Autobahn. Der Minister besorgt sich das Geld bei der Bank. Das Ministerium bezahlt die Bauunternehmen. Die Bauunternehmen zahlen Steuern, ihre Lieferanten und ihre Arbeitnehmer und behalten den Rest als Gewinn. Die Arbeitnehmer zahlen Steuern, gehen einkaufen und legen vielleicht etwas auf die hohe Kante. Hätte der Minister keine Autobahn gebaut und dafür Schulden gemacht, hätte niemand was und der Supermarkt müsste zudem noch eine Kassiererin entlassen.

Der Verstand könnte zu diesem Kreislauf sagen: ein tolle Sache, alle sind glücklich. Das ist auch soweit in Ordnung, irgendwie muss der Laden ja laufen. Wie das Geld als Schmiermittel des Daseins nun entsteht, wäre zweitranging. Hauptsache, das System funktioniert, jeder hat ein Dach über dem Kopf und niemand muss hungern. Wenn nur die Zinsen nicht wären.

Das schleichende Gift hat sich dummerweise schon breit gemacht. Wir erinnern uns: der Arbeitnehmer beim Autobahnbau des Ministers hat etwas auf die hohe Kante gelegt. Dafür bekommt er Zinsen, weil er es zur Bank aufs Sparbuch gebracht hat. Er hat gelernt, wer anderen Geld leiht, bekommt dafür als Belohnung Zinsen. Diese Belohnung gesteht er natürlich auch der Bank zu, die dem Minister Geld für die Autobahn geliehen hat.

Jeder rechtschaffene Mensch glaubt nun, dass die Bank dem Minister ihr eigenes Geld geliehen hat. Mit diesem frommen Glauben liegt er völlig daneben. Die Bank hat die Million nur am Computer erzeugt. Das macht sie bei jedem Kredit so, den sie vergibt. Auch wenn unser Arbeitnehmer im Beispiel einen Privatkredit fürs Auto aufnimmt, statt das Sparbuch aufzufüllen. Was weder der Staat noch sonst jemand tun darf, ist der Bank erlaubt. Sie erschafft Geld aus dem Nichts. Dazu macht sie einen Deal mit der Zentralbank, der Bundesbank zum Beispiel.

Martin Luther hat sich bekanntlich als Dolmetscher nützlich gemacht. Denn der Schöpfer sprach kein Deutsch. Dank dieses fleißigen Mönches wissen wir, was der Schöpfer, als er zu werkeln anfing, damit gemeint halt mit dem knappen Spruch: „fiat lux“, es werde Licht. So ist es ja auch gekommen: „es ward Licht“ einfach so aus dem Nichts.

Die Banken haben das clever abgekupfert. Sie haben den Zauberspruch berufsspezifisch abgewandelt. Das funktioniert bis zum heutigen Tag. Sie sagen einfach „fiat money“. Und siehe da: „es ward Geld“. Einen kleinen Unterschied gibt es allerdings. Das einmal geschaffene Licht hat dem Schöpfer gereicht und reicht auch uns nach wie vor. Die Banken und die Menschen kriegen aber den Kanal nicht voll. Deshalb ist in Sachen Geld der Zauberstab ständig in Bewegung. Auch wenn der (Sach)Verstand, insbesondere der mathematische sagt, dass dies auf Dauer so nicht gut gehen kann. Aber lassen wir das erst einmal beiseite.

Jedenfalls, wenn die Bank für den Autobahnbau 1 Million rausrückt, hinterlegt Sie die „Mindestreserve“ von 10.000 Euro und bucht eine Forderung an die die Regierung. Das „Geld“ ist dann einfach da, wirklich aus dem Nichts. Fiat money. Da fährt kein Transporter mit Geldscheinen durch die Gegend. Man könnte sagen es ist Scheingeld. Der korrekte Name für dieses Buchgeld ist „Giralgeld“. Darum ist es immer leicht irreführend, wenn behauptet wird, die Regierung würde „Geld drucken“. Es ist auch ohne Drucker da.

Im Alltag sieht das gewöhnlich so aus, dass die Bank Staatsanleihen (Bundesanleihen) erwirbt. Das klingt besser. Der Staat steht nicht so nackt als Schuldner da. Die Marketing Idee dahinter ist: er „begibt“ Anleihen. Da darf sich dann jeder drum bemühen sein Geld an den Staat loszuwerden, was dann bei Staatsanleihen von krisengeschüttelten Ländern ja auch tatsächlich eintritt.

Sie gründen also am besten eine Bank. Für jeden Euro, den Sie als Eigenkapital besitzen, können Sie dann 100,00 Euro verleihen. Die gesetzliche Mindestreserve beträgt seit dem 18.01.2012 nur noch 1 %. Haben Sie 10.000 Euro zur Verfügung, können Sie dem Minister genau die eine Million leihen, die er für den Autobahnbau braucht. Aber das schönste kommt noch. Sie sind ja kein Wohltätigkeitsverein. Selbstverständlich bekommen Sie für Ihre Gefälligkeit Zinsen. Wir haben es schon besprochen. Zinsen gehen immer durch. Das ist ein Reflex. Da hat sich das Verstandsinfarkt-Virus fest eingenistet.

Dieser Videoausschnitt zeigt es Ihnen in etwa 4 Minuten:
Zinsen sind eine ganz tolle Sache

Was passiert denn, wenn wir etwas näher hinschauen. Die Bank kassiert Zinsen für etwas, was sie virtuell erschaffen hat. Sie hat nicht etwa Geld aus Ihrem Tresor genommen oder aus den Sparbüchern der vielen Omas zusammengekratzt und dann als Kredit für den Autobahnbau zur Verfügung gestellt. Der Tresor und Omas Sparbuch bleiben völlig unangetastet. Sie hat lediglich per Knopfdruck auf dem Computer 1.000.000,00 Euro erzeugt. Dafür hält Sie lediglich die Mindestreserve vor. Für diese Million kassiert sie aber Zinsen, und diese Zinsen erhöhen ihr Eigenkapital. Das ist die perfekte Lizenz zum Geld drucken.

Wenn wir noch etwas genauer hinschauen, entdecken wir einen weiteren Vorteil des Bankgewerbes. Beim Regierungskredit ist das weniger von Bedeutung. Wenn aber als Privatperson oder ein Unternehmen eine Immobilie für den Kredit als Sicherheit hinterlegt haben, dann wechselt das Häuschen in den Bankbesitz, wenn die Raten nicht mehr gezahlt werden können.

Unglaublich aber wahr. Die Bank hat nahezu zum Nulltarif eingekauft. Das passiert im Übrigen auch dann, wenn die Bank bei einer Zwangsversteigerung irgendwo mit steigert. Die Immobilie kostet sie praktisch nichts, weil sie den Kaufbetrag ja per Computerprogramm dem Verkäufer zur Verfügung stellt.

Wir sollten die Lupe noch einmal auf die Zinsen halten. Vielleicht merken wir dann, wie der Verstand ausgetrickst worden ist und warum wir Zinsgeschäfte, sofern wir zu den Zahlern gehören vorher genau überlegen sollten. Wir wissen jetzt definitiv: Geld entsteht nur durch Schulden. Nehmen Sie doch einmal an, Sie gehören zu einem zehn Familien umfassen Inselvolk. Damit es auf der Insel vorangeht erhalten alle zehn Familien einen Kredit von je 1.000 Euro zu inselüblich günstigen Zinsen von 5 %. Nach einem Jahr will die Bank den Kredit zusammen mit den Zinsen zurück. Das sind 1.050,00 Euro je Familie. Die Familien haben untereinander Geschäfte gemacht. Jetzt wird abgerechnet.

Auf der Insel standen durch den Bankkredit insgesamt 10.000 Euro zur Verfügung. Bereits hier hätte der Verstand fragen können. Wo sollen denn die 50 Euro für die Zinsen herkommen. Individuell betrachtet gibt es natürlich eine Lösung. Der Mensch ist findig und kann mit anderen Geschäfte machen. Da lassen sich schon mal 50 Euro dazu verdienen. Insgesamt ist die Lösung aber zu kurz gedacht.

Die 500 Euro für die Zinsen sind einfach nicht da. Auch bei einer Umverteilung der Zinslast. Mindestens eine Familie bleibt auf der Strecke. Die 500 Euro fehlen einfach. Bleibt nur noch der Weg zur Bank und einem Neuen Kredit, damit der alte ausgeglichen werden kann. Die Schuldenspirale beginnt sich zu drehen.

Wir haben gesehen, dass Geld nur durch Schulden in unsere Kasse kommt, aber eben keine Zinsen. Das hat weitreichende Folgen. Solange kein Gegenmittel entwickelt ist, werden wir am Tropf der Geldproduzenten hängen. Dort hängen wir in bester Gesellschaft mit den Regierungen der internationalen Staatengemeinschaft. Also ist das Bemühen um eine Banklizenz sicher nicht die schlechteste Idee.

Eine beliebige Zahl in das Computersystem eingeben, umbuchen, Sicherheiten einstreichen, Beträge zurück verlangen, die gar nicht verfügbar sind (Zinsen), dadurch das Eigenkapital erhöhen und sich diese Spirale immer weiter drehen lassen: ist das nicht das ideale Geschäftsmodell?

Es ist tatsächlich die wahrhafte Lizenz zum Geld drucken. Was glauben Sie, warum z.B. die DAX-Konzern BMW, Volkswagen oder Mercedes eigene Banken gegründet haben. Sollte jemand auf den Gedanken kommen, das Verstandsinfarkt-Virus wäre aus Unachtsamkeit aus einem Labor entwichen oder gar vorsätzlich in Umlauf gebracht, man sollte ihn nicht sofort wegsperren. Versäumen Sie auf keinen Fall das folgende Video.

Wie funktioniert Geld (16 Minuten)

Wir haben wirklich nur Geld in der Tasche,
weil irgendwo, irgendwann von irgendjemandem Schulden gemacht worden sind.